RACHEL GRATZFELD
Die Dorfbevolkerung hilft uns wie jedes Jahr, das Heu fortzuschaffen. AUSSer ihm kommen immer alle Manner aus der Nachbarschaft mit ihren Pferden und Heuschlitten und laden stumm das Heu auf. ICh backe Chatschapuri, und mein Vater kummert sich am Abend um ihr Wohl. ZUm Schluss trinken alle ein Glas Wodka. DAbei blicken alle zu meinem Vater, bringen einen Toast aus zum Andenken an seine verstorbene Frau und gehen dann. Gut ist das Dorf - es hilft dir bei Schwierigkeiten. GUt ist das Dorf - es pflegt dich im Alter und beerdigt dich, wenn du stirbst. Manchmal wunschte ich mir, die Lehrerin wurde mich zur Tafel rufen. ICh bin immer gut vorbereitet, traue mich aber nie, mich zu melden. MAnche Lehrer sehen nicht mal meine Hefte durch. SIe wissen, dass ich alle Hausaufgaben erledige. ICh sitze im Unterricht immer stumm da; bei mir ist immer alles ordentlich und sauber. Wenn es zur Pause klingelt, sturzen meine Schulkameraden sofort aus der Klasse. ES sind keine schlechten Kinder, sie sprechen sogar mit mir. MAnchmal umzingeln sie mich und lachen, und ich lache mit. MAnchmal rufen sie mich zum Ballspielen dazu. NAturlich spielen auch die Madchen mit, ich aber nicht. ICh gehe ja nicht zum Spielen in die Schule. GEografie ist mein Lieblingsfach. ICh kenne alle Hauptstadte der Welt. (...) Ich ziehe mir ein Kleid an, von dem ich dachte, es sei mir zu klein. INzwischen ist es mir zu groSS. ES ist zwar ausgebleicht, steht mir aber ganz gut. Das Haar flechte ich mir zu zwei Zopfen. ICh schaue dabei nie in den Spiegel; ich weiSS sowieso, wie ich aussehe. Dann gehe ich in die Scheune, wo es noch einen vollen Kanister geben muss. ZUerst will ich mir nur eine Flasche abfullen, aber wie weit kommt man schon mit einer Flasche Petroleum? Ich hebe den Kanister an. IN der anderen Hand trage ich die Schultasche. DIe Schule kann ich unmoglich schwanzen. ZUerst stelle ich den Kanister auf die andere Seite des Zauns und klettere dann selbst hinuber. DEn Hund haben sie gestern gleich wieder angebunden. ER liegt hinter dem Haus und sieht mich nicht. Die Bienenstocke hat er in Reihen aufgestellt. IMmer wenn ich hinuberluge, sehe ich, wie er sich um seine Bienen kummert. Ich gehe von Stock zu Stock und uberschutte sie mit Petroleum. DAnn hole ich die Streichholzer aus der Tasche und zunde sie an. Ich sehe nicht, wie er aus dem Haus tritt. ICh sehe nicht, wie er angerannt kommt. WEnigstens nennt er mich jetzt einmal beim Namen, wenigstens schreit er jetzt einmal nach mir. aus "Im Erlenwaldchen am Flussufer" von Lia Likokeli ubersetzung von Natia Mikeladse-Bachsoliani